Verlag: Pendo (Pieper)
Seiten: 464
Erschienen: 31. August 2020
Preis: 16.99 Euro (Ebook: 12.99 Euro)
Herzlich Willkommen im alten Edinburgh. Enge Gassen, verschlungene und versteckte Winkel an jeder Ecke, zwielichtige Typen in langen Mänteln und grimmigem Gesichtsausdruck. Überall scheint ein mysteriöser Nebel über der gesamten Szenerie zu liegen.
In diesem Edinburgh begegnen wir einer Figur, die gerade mit einem verzerrten Gesichtsausdruck, aus dem der Schrecken und die Furcht noch nicht ganz gewichen sind, aus einem Hauseingang gestolpert kam. Als wäre der Teufel persönlich hinter ihm her, flieht der Mann in eine besonders dunkle Gasse und verschwindet im Nebel. Und so sind wir mitten herein ins Ausgangsszenario des historischen Kriminalromans "Die Tinktur des Todes" von Ambrose Parry, dem Pseudonym der Autoren Christopher Brookmyre und Marisa Haerzman, gefallen. Begegnet sind wir der Hauptfigur Raven, der sein bisheriges Leben in den eher zwielichtigen Gegenden Edinburghs verbracht hat und die Chance bekommt sein Leben zu ändern, als Lehrling des berühmten Arztes Dr.Simpson, spezialisiert auf Geburtshilfe, gut betucht und häufig im Milieu der reichen Bevölkerung Edinburghs unterwegs. Doch bevor Raven auch nur einen Schritt in seinem neuen Aufgabengebiet unternehmen kann, beginnt eine erschütternde Mordserie in der schottischen Stadt und mit dem Hausmädchen aus Dr. Simpsons Haushalt, Sarah, begibt sich Raven auf die Spur des Täters.
Sicherlich muss man bei "Die Tinktur des Todes" zuerst die wunderbare Atmosphäre des Romans herausheben, die sich vor allem im alten Edinburgh verdichtet und den Leser ganz langsam vollkommen einnimmt. Edinburgh wirkt schließlich auch heute immer noch mystisch und geheimnisvoll, was bietet sich da besser an einen Kriminalroman im historischen Edinburgh spielen zu lassen?
Auch wenn sich die Handlung an manchen Stellen des Buches etwas gezogen hat, hat mir mein Ausflug ins alte Schottland insgesamt gut gefallen. Tatsächlich hatte ich mit Raven, als Hauptfigur, manchmal meine Probleme, weil er oft überheblich wirkte und auch ein bisschen undurchsichtig, doch ungefähr bei der Mitte der Geschichte wurde er zugänglicher und es wurde deutlich, dass er eigentlich nur Gutes im Sinn hat.
Sarah, die für mich der heimliche Star des Romans war, war mir dagegen von der ersten Seite an sympathisch. Ihre Klugheit und Neugier haben mir sofort imponiert und ich empfand wahrscheinlich genauso oft wie Sarah selbst die vollkommene Ungerechtigkeit ihrer Situation, dass sie mit ihren Ambitionen in die falsche Zeit geboren, diese nicht ausleben konnte und ihr ganzes bisheriges Leben eine einzige Unterforderung war. Umso mehr imponierte mir, dass sie trotzdem immer wieder Wege fand ihre Interessen durchzusetzen und somit diesen historischen Kriminalroman einen Hauch Feminismus verlieh.
Die schlussendliche Auflösung der Geschichte hatte ich dann auch erst ganz am Schluss vorausgeahnt und die genretypische Präsentation des Schurken war dann eine kleine Überraschung.
Zum Abschluss möchte ich noch betonen, dass "Die Tinktur des Todes" auch in medizinischer Hinsicht unglaublich interessant zu lesen war, weil man sehr viele Einblicke in die medizinische Arbeit zur Zeit, in der der Roman spielt, bekommt und die - so gehe ich aus - exakt recherchiert war, da ein Teil des Autorenduos, Marisa Haetzman, Medizinhistorikerin ist, zwanzig Jahre als Anästhesistin gearbeitet hat und ihre Forschungsarbeit zur modernen Anästhesie überhaupt erst die Idee zum vorliegenden Roman geliefert hat. Auch, wenn dem Leserin und dem Leser einige historische Medizinpraktiken in "Die Tinktur des Todes" die Haare zu Berge stehen lassen wird, war dies doch eine interessante Abrundung des Romans, der Interesse weckt an den Folgebänden.
"Die Tinktur des Todes" ist der Auftakt der 'Die Morde von Edinburgh' Reihe.
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