Sonntag, 21. Mai 2017

Banana Yoshimoto - Moshi Moshi




Verlag: Diogenes
Seiten: 304
Erschienen: 26. April 2017
Preis: 12 Euro (Ebook: 9.99 Euro)








Die junge Yotchan zieht von zu Hause aus. Ihr Weg führt sie in das angesagte japanische Viertel Shimokitazawa. Wenig später zieht auch Yotchans Mutter bei ihr in die Wohnung ein. Der Grund für das Zusammenleben der beiden Frauen ist ein sehr trauriger: Yotchans Vater, ein bekannter Rockmusiker, hat sich mit einer unbekannten Frau das Leben genommen. Völlig geschockt vom Ehemann und Vater auf so eine Art und Weise verlassen worden zu sein, versuchen die Frauen behutsam einen Neuanfang zu wagen. Eine große Hilfe ist ihnen dabei ihr neues Zuhause, das sowohl in kultureller, als auch in kulinarischer Hinsicht einiges zu bieten hat. 
Doch während ihres Weges aus der Trauer, müssen Yotchan und ihre Mutter immer wieder Rückschläge einstecken und begreifen, dass die Geister der Vergangenheit sicher nicht so leicht abschütteln lassen...

"Moshi Moshi" war mein erstes Buch von der Autorin Banana Yoshimoto und ich war sehr gespannt, was mich in der Geschichte erwarten würde. Leise aber unglaublich eindringlich erzählt die Autorin die Geschichte von Mutter und Tochter, die vom Selbstmord ihres Ehemannes und Vaters zunächst völlig aus der Bahn geworfen, langsam wieder ins Leben finden. Dabei wirkt die Geschichte an keiner Stelle zu schwer, wie man das von anderen Büchern kennt, die ein trauriges Hauptthema haben. 
Diese gewisse Leichtigkeit, die der Handlung anhaftet, hat vor allem mit der unmittelbaren Umgebung zu tun. Das Szeneviertel Shimokitazawa wird von Yoshimoto auf wunderbare Art und Weise beschrieben. Während des Lesens bekommt man fast selbst das Gefühl durch die bunten Gassen des Viertels zu flanieren, kulinarische Köstlichkeiten zu probieren und sich Geschichten von alteingesessenen Bewohnern anzuhören. Ich finde es persönlich immer sehr beeindruckend, wenn Autoren auf so eine intensive Art und Weise erzählen können, dass man am liebsten ins nächste Flugzeug steigen möchte, um sich selbst ins Getümmel zu stürzen. 
Innerhalb der Handlung hat mir besonders die gut dargestellte innere Zerrissenheit der Protagonistin Yotchan gefallen. Als sie von zu Hause auszieht, möchte sie unbedingt unabhängig werden. Als dann allerdings ihre Mutter vor ihrer Tür steht, bricht diese mühsam aufgebaute Unabhängigkeit in sich zusammen. Yotchan steht zwischen ihrer zweigeteilten Vergangenheit, die mit schönen Erinnerungen an ihre Kindheit durchflutet ist, die aber auch immer wieder von dem Selbstmord ihres Vaters überschattet wird und zwischen ihrer Gegenwart, in der sie die Beziehung zu ihrer Mutter neu definieren muss. Zudem sieht sie ihre Zukunft, in der sie erwachsen und unabhängig ein eigenständiges Leben führen will. Ganz besonders der mysteriöse Selbstmord von Yotchans Vater wirft sie immer wieder in die Vergangenheit zurück. 
"Moshi Moshi" ist eine kurzweilige, leichte und interessante Geschichte über das Erwachsenwerden geworden. Das Lebensgefühl Japans durchdringt jede Seite dieses Buches und es wird sicher nicht mein letztes Buch von Banana Yoshimoto gewesen sein. 

Montag, 15. Mai 2017

Margaret Atwood - Hexensaat





Verlag: Albrecht Knaus Verlag
Seiten: 314
Erschienen: 17. April 2017
Preis: 19.99 Euro (Ebook: 16.99 Euro)








Den Theatermacher Felix kann man schon fast als einen Exzentriker bezeichnen. Aber der Erfolg gibt ihm Recht. Mit zahlreichen mutigen und innovativen Inszenierungen hat er sich einen Namen in der Szene erarbeitet. Nun will er sein Meisterstück auf die Bühne bringen. William Shakespeare's "Der Sturm" soll Felix endgültig auf den Thron der Theaterregisseure bringen. Doch kurz vor der Premiere legt sein eigentlich treuer Assistent Tony seinen perfiden Plan offen und nimmt Felix seinen Posten weg. 
Tief getroffen zieht er sich zurück und verliert sich in Erinnerungen an seine Vergangenheit und an seine Leidenschaft: Shakespeare's Sturm, dieses wundersame Werk voller Magie, Täuschung und Illusion, sollte ihn nicht nur dazu verhelfen noch berühmter zu werden, sondern auch eine private Tragödie zu vergessen. Felix, in seiner selbst auferlegten Isolation, sinnt immer mehr auf Rache an seinen einst treusten Mitarbeiter und zwölf Jahre später bekommt er die Gelegenheit, als ein unverhoffter Zufall seinen Feind in seine Nähe bringt...

Bei den vielen Büchern, die ich bereits gelesen habe, war ich immer der Meinung, dass ich die meisten Erzählformen kennen würde. Margaret Atwood's "Hexensaat" hat mich in der letzten Woche eines Besseren belehrt. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass es tatsächlich der erste Roman war, den ich von der Autorin gelesen habe. Da sich "Hexensaat" aber nahtlos zu meinen bisherigen Highlights des laufenden Jahres gesellt, wird es ganz sicher nicht der letzte Roman von Margaret Atwood gewesen sein. 
Dabei muss ich gestehen, dass sich der Sturm am Anfang des Romans eher wie ein laues Lüftchen angefühlt hat. Ein etwas in die Jahre gekommener Theatermacher, der den Höhepunkt seiner Karriere mit seinem Karriereende verwechselt hat, und nun, aufgrund einer gemeinen Intrige, sich aus der Welt zurückzieht und seine selbst auferlegte Einsamkeit mit einer extra Portion Selbstmitleid würzt. Das klang erst einmal nicht nach einer Ausgangssituation, die noch viel für den Rest der Geschichte verspricht. Doch weit gefehlt. Das laue Lüftchen des ersten Leseeindrucks wurde schnell zu einem rauen Wind und dann zu einem tosenden Sturm, bei dem ich den Protagonisten Felix und seiner Schöpferin Margaret Atwood schon während des Lesens mehrmals applaudieren wollte. Verzeiht mir die Sturm Metaphern, aber so lässt es sich einfach am besten beschreiben.
"Hexensaat" ist eine Hommage, eine Verneigung vor dem großen William Shakespeare. Die Handlung und die Figuren des Stücks "Der Sturm" werden in "Hexensaat" nicht nur auf moderne Art und Weise neu interpretiert, sondern in liebevoller Kleinarbeit in die Handlung des Romans eingeflochten. Es ist schon erstaunlich, wenn eine Autorin es schafft ein Theaterstück in einem Roman so lebendig werden zu lassen, dass man das Rauschen des Meeres und den tosenden Sturm beinahe hören kann. Shakespeare's Werk ist in "Hexensaat" an jeder Ecke so präsent. "Der Sturm" steht hier wieder auf, versprüht seinen Zauber auf die Handlung, auf die Figuren und vor allem auf die Leser, um sich dann mit tosendem Applaus verabschieden zu lassen. 
Man muss das Stück zudem nicht kennen, um "Hexensaat" zu lesen. Ich kannte es auch nicht. Ich würde sogar so weit gehen, um zu behaupten, dass es sogar besser ist es nicht zu kennen, weil man Margaret Atwood's Buch am Ende der Geschichte, bei einer kurzen Zusammenfassung von "Der Sturm", noch einmal einen Extraapplaus spendiert. 
Auch wenn ich meine Anfangsschwierigkeiten hatte, konnte mich "Hexensaat" schlussendlich mehr als begeistern. Wer besondere Geschichten liebt, die sich, gerade in der Erzählweise, vom Rest unterscheiden, der ist mit diesem Buch gut bedient. Und für Shakespeare Fans ist Felix Geschichte sowieso ein Muss. 

Also hinsetzen, der Vorhang geht gleich auf und lasst euch begeistern! 

Montag, 8. Mai 2017

(Teil 1) Leseliebeleien

Liebe Freunde,
in meiner neuen Rubrik 'Leseliebeleien' möchte ich meine kleinen, meist sehr emotionalen, Texte teilen, die ich über Bücher schreibe, die mich sehr begeistern und beeindrucken konnten. Ich habe mich dazu entschieden, dies, mit jeweils zwei Texten, in Teilen zu machen. Heute startet also Teil eins. 
Die Texte habe ich auf meiner Facebook Seite veröffentlicht und möchte somit eine kleine Sammlung anlegen.
Ich hoffe, so bekommt eure Wunschliste Nachschub. In den Kommentaren könnt ihr mir gerne schreiben, wie eure Meinungen zu meinen Leseliebeleien aussehen :)


Hanya Yanagihara - Ein wenig Leben


Wie kann ein Buch gleichzeitig die schönste, schlimmste, grausamste, am besten geschriebene, beeindruckendste, qualvollste, großartigste Geschichte beinhalten, die man je gelesen hat?
Wie kann man versuchen ein Buch zu beschreiben, das sich mit Worten nicht beschreiben lässt?
So ein lächerlichen Alphabet mit 26 Buchstaben? Wie sollen diese jemals nur ansatzweise das heraufbeschwören können, was "Ein wenig Leben" mit mir gemacht hat? Und doch hat "Ein wenig Leben" ironischerweise nur diese absurde kleine Anzahl an Buchstaben gebraucht, um zu einem Buch zu werden, das ich nie wieder vergessen werde.
Weil man es nicht vergessen kann. Weil es dich zerstört mit jeder Seite ein kleines bisschen mehr. Weil du bitterliche Tränen weinst, weil Sätze und Wörter, so intensiv und berauschend erzählt, dir um die Ohren fliegen, dass du glaubst, dass du es nicht schaffen kannst. Dass du diese Geschichte nicht schaffen kannst. "Ein wenig Leben" hat mir leserisch alles abverlangt. ALLES! Und dann es hat dieses ALLES genommen und hat es noch einmal verstärkt, es noch einmal ein bisschen unerträglicher gemacht. 
"Ein wenig Leben" hat mich an eine Klippe gebracht, um mich dort stehen zu lassen und zu sagen: "Was ist los? Heulst du, weil du nicht fassen kannst, dass Bücher auch solche Geschichten erzählen können? Heulst du, weil es keine Gute Laune Welt ist, die du hier betrittst? Willst du aufgeben? Jetzt? Einfach so? Oder springen und es zuende bringen?" 
Mehr als einmal war ich an diesem Punkt, an dem ich geglaubt habe, dass es nicht weiter geht. An dem ich im Kampf erschöpft zu Boden gesunken bin und gedacht habe: "Ich kann nicht mehr, hier ist meine weiße Fahne! Ich geb auf!" An dem ich so viel Abstand, wie es ging zwischen mir und dieser Geschichte bringen wollte.
Aber irgendetwas hat mich immer wieder zurückgezogen, so sehr, dass ich die zweite Hälfte des Buches, obwohl ich für die erste Hälfte über zwei Wochen gebraucht habe, in drei Tagen zu Ende gelesen habe. 
Und nun sitze ich hier. Voller blauer Flecke, die nicht eingebildet sind. Diese Geschichte hinterlässt Spuren in der Seele, die niemals verblassen werden, obwohl "Ein wenig Leben" ein Buch ist, was ich nicht explizit weiter empfehlen würde. Es ist noch nicht einmal eine Geschichte, die man gelesen haben muss. Aber wenn man sich drauf einlässt, dann mit ALLEM.
Mit dem Schmerz, mit den blauen Flecken, mit den Tränen, mit der Klippe, mit der Angst die nächste Seite umzublättern. Mit Angst, die sich nicht erklären lässt, weil es nicht real ist. Und doch ist es so real, dass es weh tut. Und dass es eine Wunde ist, die lange braucht, bis sie wieder heilen kann. Wenn sie es überhaupt tut.

"Wir brauchten mehrere Tage, um ihn zu lesen, denn obwohl er nicht lang war, war er zugleich endlos, und wir mussten immer wieder die Seiten niederlegen und uns von Ihnen entfernen, um uns dann gegenseitig zu wappnen- Bist du bereit?-, uns hinzusetzen und ein weiteres Stück zu lesen."

(Seite 956)


Angie Thomas - The hate u give 



Manche Geschichten hinterlassen ein gutes Gefühl tief in deinem Inneren, ein Gefühl, an das du dich noch lange Zeit erinnerst, und es dann immer so ist, als würden die ersten warmen Sonnenstrahlen nach einem langen Winter auf deine Haut treffen.

Manche Geschichten hinterlassen einen so tiefen Eindruck, dass du jedem, den du triffst unbedingt davon erzählen musst. Du willst ihn überzeugen, dass es genau dieses Buch ist, was man unbedingt lesen musst. Weil es wichtig ist. Weil es zur genau richtigen Zeit kommt. 

Manche Geschichten machen dich stark. Sie machen dich stark gegen die Ungerechtigkeiten, die das Leben dir immer dann vor die Füße wirft, wenn doch eigentlich alles gut läuft. Diese Geschichten sagen dir, dass du alle Hürden überwinden kannst. Wenn du stark bist. Wenn du mutig bist. Wenn du nicht aufgibst. 

"The hate u give" ist all das zusammen.
Es macht wütend, es bringt dich zum Lachen, es bringt dich zum Nachdenken über die schwerwiegenden Fehler, die unsere Gesellschaft immer noch hat, und leider wohl auch immer haben wird. Es macht glücklich. Es ist aktuell. So hochbrisant und genau deswegen so wichtig! Aber es bringt dir auch immer wieder diese warme Gefühl, dass es wichtig ist seine Stimme zu erheben, weil Worte so viel ausrichten, und so viel verändern können. Und weil es wichtig ist, mutig zu sein. 


"Sometimes you can do everything right and things will still go wrong. The key is to never stop doing right."

Sonntag, 7. Mai 2017

Lesemonat April

nicht im Bild: "Herz auf Eis"
Liebe Freunde, 
herzlich Willkommen zu meinem Lesemonat April. 
Im vergangenen Monat habe ich acht Bücher gelesen, insgesamt waren es 3846 Seiten. Obwohl es vergleichsweise wenig Bücher waren, waren doch zwei Highlights dabei. Welche das sind, das kommt zum Schluss des Lesemonats. Dann haben wir jetzt die Fakten geklärt, es kann los gehen.
Los geht es mit einem spannenden Science Fiction Abenteuer aus dem Goldmann Verlag. "Dark Matter - Der Zeitenläufer" von Blake Crouch stand schon sehr lange auf meiner Wunschliste und das völlig zurecht. Mit einer ungewöhnlichen Handlung hat der Autor eine spannende Geschichte geschrieben, bei der eine interessante und, mir persönlich, vorher völlig unbekannte wissenschaftliche Theorie vorgestellt wurde, die Viele-Welten Theorie. Dabei wird ausgesagt, dass ein Dutzend Welten neben der existieren, die wir kennen, und das in jede dieser Welten ein anderes Ich von uns ein Leben führt, das von anderen Entscheidungen geführt wird. Und genau diese Theorie ist auch das Thema in "Dark Matter". Ein Buch für alle Science-Fiction Fans und die, die es noch werden wollen. Wer neugierig geworden ist, ich habe zu Blake Crouchs Roman eine Rezension geschrieben. 
Weiter ging es mit einem Buch, das schon sehr lange in aller Munde war. Ich war sehr gespannt auf "Den Mund voll ungesagter Dinge" von Anne Freytag. Ihr erster Jugendroman "Mein bester letzter Sommer" hat mir zwar auch gefallen, aber ich fand die Geschichte generell emotional etwas schwer, dagegen ist "Den Mund voll ungesagter Dinge" sehr leicht und gefühlvoll geschrieben. Erzählt wird dort die Geschichte von der siebzehnjährigen Sophie, die mit ihren Vater zu seiner Freundin von Hamburg nach München zieht. Sophie ist zu Beginn der Meinung, dass ihr Leben mit dem Umzug nach München vorbei wäre, doch dann lernt sie Alex, das Nachbarsmädchen kennen, und zwischen den beiden beginnt sich eine zarte Liebesgeschichte zu entwickeln. Ich habe "Den Mund voll ungesagter Dinge" sehr gerne gelesen, und noch eine Rezension zu dem Buch geschrieben.
Das nächste Buch aus dem Lesemonat April kommt von Benedict Wells. "Becks letzter Sommer" war bereits mein dritter Roman, das ich von dem Autor gelesen habe und mit Becks Geschichte ist Benedict Wells nun endgültig in der Riege meiner Lieblingsautoren angekommen. Ich liebe Roadtrips in Büchern und hier kommt dazu noch eine unglaubliche Besonderheit der Figuren, die das Buch zu einer unglaublich guten Geschichte gemacht haben. Vor allem möchte ich noch einmal den einzigartigen und lieb gewonnenen Schreibstil des Autoren hervor heben, bei den man sich sofort fühlt, als würde man nach Hause kommen. Jetzt bleibt leider nur ein Buch ("Fast genial") von Benedict Wells zu lesen, bevor ich hoffen muss bald wieder neuen Lesestoff zwischen die Finger zu bekommen. 
Dann gibt es noch von einem weiteren wunderbaren Buch aus dem Königskinder Haus ,im April, zu berichten. "Barney Kettles bewegte Bilder" von Kate de Goldi gehörte ebenfalls zu den Büchern, die schon seit Ewigkeiten auf meiner Wunschliste standen, eigentlich seit ich es in der Verlagsvorschau entdeckt habe. Es geht um den bald sehr berühmten Regisseur Barney Kettles, der mit seiner Assistentin und Schwester einen Film über die Straße drehen möchte, in der die beiden mit ihren Eltern wohnen. Barney und seine Schwester ahnen aber nicht, was für unglaubliche Geheimnisse in ihrer Straße lauern, die an sich, durch ihren vielen ungewöhnlichen Einwohnern und geschichtsträchtigen Gebäude, etwas Besonderes ist. Unglaublich besonders und berührend erzählt mit einer völlig unerwarteten Wendung, die mich beim Lesen richtig nach Luft schnappen ließ. Wer es noch etwas genauer möchte, auch zu "Barney Kettles bewegte Bilder" habe ich eine Rezension geschrieben. 
Dann gab es noch "Die Geschichte der Bienen", das ich im April gelesen habe. Maja Lundes Bestseller aus Norwegen besticht vor allem mit einer sehr ungewöhnlichen Erzählstruktur, bei der die Autorin den Blickwinkel von drei verschiedenen Personen einnimmt, die aber zu unterschiedlichen Zeiten leben. Williams Geschichte spielt im 19. Jahrhundert, George lebt in unserer Gegenwart und Tao im Jahr 2098 in der Zukunft. Alle drei Erzählstränge verbinden die Geschichte der Bienen, die in der Vergangenheit noch unzählig vorhanden sind, in unserer Gegenwart langsam aber sicher den Bienensterben erliegen und in der Zukunft völlig ausgestorben sind. Auch andere erzählerische Merkmale verbinden die drei Geschichten. Diese Verbindung zieht Maja Lunde wirklich beeindruckend präzise, und auch ansonsten konnte mich das Buch, bis auf ein paar kleine Mängel, überzeugen. Auch zu "Die Geschichte der Bienen" habe ich eine Rezension geschrieben. 
Weiter ging es im vergangenen Monat mit einem Buch, das sich mit dem ungewöhnlichen Klappentext in mein Interesse geschlichen hat. In "Herz auf Eis" von Isabelle Autissier geht es um ein Pärchen, das, aufgrund eines Sturms, auf einer einsamen Insel landet. Eine typische Robinson Crusoe Geschichte im modernen Stil? Weit gefehlt. "Herz auf Eis" ist düster, direkt und ehrlich. Es zeigt eine Extremsituation, in der Fragen nach gegenseitigen Zuneigungen irgendwann zweitrangig werden. Und immer ist da diese Frage: Was würdest du an dieser Stelle machen? Obwohl das Buch noch nicht einmal 250 Seiten hatte, wirkt es unheimlich lange nach und ist eine sehr lesenswerte Geschichte geworden. 
Kommen wir nun zu meinem ersten Lesehighlight aus dem Monat April. "The hate u give" von Angie Thomas geisterte plötzlich durch alle sozialen Netzwerke. Es hieß, wenn man dieses Jahr nur ein Buch lesen würde, dann sollte es dieses sein, und dieser Aussage kann ich vorbehaltslos zustimmen, obwohl ich natürlich der Ansicht bin immer möglichst viele Bücher zu lesen. Aber "The hate u give" ist besonders, nicht nur, weil es ein unglaublich aktuelles Thema behandelt, Polizeigewalt gegen- und Tötungen an unbewaffneten afroamerikanischen Jugendlichen, sondern die Geschichte aus einer ungewöhnlichen Perspektive erzählt wird. Es ist die Perspektive eines jungen Mädchens, die ihren besten Freund aus Kindertagen bei einer Polizeikontrolle sterben sieht, weil der Polizist den unbewaffneten Jungen vor ihren Augen erschoss. Das Buch erscheint am 24. Juli auf Deutsch und ich kann nur jedem empfehlen es zu lesen. 
Zum Schluss kommen wir zu einem Buch, das zu einem der besten und schlimmsten Büchern gehört, die ich jemals in meinem Leben gelesen habe. "Ein wenig Leben" von Hanya Yanagihara. Man kann dieses Buch eigentlich nicht wirklich beschreiben, weil das Alphabet einfach eine viel zu geringe Anzahl an Buchstaben hergibt, die dieser Geschichte gerecht werden können. "Ein wenig Leben" werde ich niemals wieder vergessen können, denn es hat mich an meine emotionale Belastungsgrenze gebracht. Nicht nur einmal wollte ich aufgeben und diese fast tausendseitige Geschichte weglegen. Weil ich nicht mehr konnte, weil mich die Geschichte emotional überforderte und ich den Schmerz fast nicht mehr ertragen konnte. Doch dann war da wieder dieser unerklärliche Sog, der mich schließlich dazu gebracht hat die zweite Hälfte des Buches innerhalb von drei Tagen zu beenden. "Ein wenig Leben" ist nicht für jedermann geeignet, ich würde sogar behaupten es ist eine Geschichte, die man noch nicht einmal gelesen haben muss. Doch wenn man sich dazu entscheidet, dann muss man alles von sich investieren. Oder mit wehenden Fahnen untergehen. Für mich ein absolutes Jahreshighlight. 

Das war er auch schon wieder. 
Mein Lesemonat April. Insgesamt war ich sehr zufrieden mit den Büchern, die ich gelesen habe und freue mich schon auf die, die mich im Mai erwarten.

Ich wünsche euch einen schönen Abend. 
Lisa. 

Montag, 1. Mai 2017

Maja Lunde - Die Geschichte der Bienen





Verlag: btb
Seiten: 510
Erschienen: 20. März 2017
Preis: 20 Euro (Ebook: 15.99 Euro)








England, 1852:
William, Biologe und Ladenbesitzer, kann seit Wochen das Bett nicht mehr verlassen. Gescheitert mit seinen Forschungen steht er vor den Scherben seines Lebens. Doch dann dreht sich plötzlich das Blatt. Ihm kommt die revolutionäre Idee eines völlig neuartigen Bienenstocks. Eine Idee, die alles verändern könnte...
Ohio, 2007:
George, Imker aus Leidenschaft, steckt sein gesamtes Herzblut in seinen Bienenhof, den sein Sohn Tom später einmal übernehmen soll. Doch der interessiert sich nur für sein Studium und fürs Schreiben. Und wenn das nicht schon genug ist, passiert das Unfassbare: Die Bienen verschwinden. 
China, 2098:
Tao lebt in einer Welt, in der es keine Bienen mehr gibt. Von Hand müssen die Menschen die Bäume bestäuben, um ihr Überleben zu sichern. Tao arbeitet hauptsächlich für ihre Familie, und vor allem für ihren kleinen Sohn Wei-Wei, der es einmal besser haben soll. Doch dann geschieht mit Wei-Wei plötzlich ein großes Unglück, und nichts ist mehr wie vorher...

Mit "Die Geschichte der Bienen" ist der Autorin Maja Lunde aus Norwegen ein internationaler Bestseller gelungen. Mich persönlich hat vor allem die ungewöhnliche Erzählstruktur in dieser Geschichte angesprochen, die sich auf drei unterschiedlichen Zeitebenen bewegt. 
Der Titel ist Programm. Geschickt erzählt die Autorin eine Geschichte der Bienen, die im 19. Jahrhundert mit dem erfolglosen William ihren Anfang nahm, in unserer Gegenwart langsam aber stetig die Katastrophe mit dem plötzlichen Bienenschwund einleitet, und die dann in einem erschreckenden Zukunftsbild, im Jahre 2098, ihren Höhepunkt fand. In einer Welt ohne Bienen, in der die Menschen verzweifelt gegen den Hunger kämpfen. 
Aber nicht nur die Bienen ziehen sich durch diese drei geschichtlichen Ebenen, denn auch, wenn man zunächst den Eindruck hat, es hier mit drei völlig eigenen Handlungssträngen zu tun zu haben, trügt dieser Eindruck. Obwohl 246 Jahre zwischen dem Protagonisten 'William' und der Protagonistin 'Tao' liegen, gelang Maja Lunde das Kunststück alle drei Geschichten auf eine fast schon zarte Art und Weise zu verbinden. Auch in einem erzähltechnisch unabhängigen Motiv erkennt man einen Zusammenhang zwischen den drei Zeitebenen. In jeder Geschichte spielt eine Eltern-Sohn Beziehung eine besondere Rolle. Während William auf verzweifelte Art und Weise versucht bei seinem Sohn mit seinen Arbeiten Eindruck zu schinden, versucht George seinen Sohn Tom für den Familienbetrieb zu begeistern, ohne zu erkennen, dass seine Interessen sich geändert haben. In der Zukunft, in der Tao, im Gegensatz zu ihrem Mann Kuan, den zweifellos dominanten Elternteil darstellt, spielt dagegen ein schreckliches Unglück, im Zusammenhang mit ihrem Sohn, eine tragende Rolle.
Die besondere Erzählstruktur und die raffinierte Verwebungen der Geschichten untereinander, machen "Die Geschichte der Bienen" zu einem gut geschriebenen und interessanten Roman. Auch die Charaktere in Maja Lundes Buch waren gut ausgearbeitet. Allerdings konnte ich nicht wirklich eine Beziehung zu ihnen aufbauen, was daran lag, dass die Erzählsicht sich pro Kapitel ändert und ich mich, als Dauer-Zeitreisende, somit nicht optimal mit einer Figur auseinander setzen konnte. 
Zusammenfassend hat mir "Die Geschichte der Bienen" aber sehr gut gefallen. Ein sehr lesenswerter Roman, bei dem man auch den Realitätsfakt nicht außer Acht lassen sollte. Das Bienensterben in unserer Gegenwart ist keine Fiktion. Somit ist Maja Lundes Buch auch eine gute Gelegenheit sich persönlich für dieses Thema zu sensibilisieren.