Donnerstag, 8. Juni 2017

(Teil 2) Leseliebeleien

Liebe Freunde,
in meiner neuen Rubrik 'Leseliebeleien' möchte ich meine kleinen, meist sehr emotionalen, Texte teilen, die ich über Bücher schreibe, die mich sehr begeistern und beeindrucken konnten. Ich habe mich dazu entschieden, dies, mit jeweils zwei Texten, in Teilen zu machen. Heute startet also Teil eins. 
Die Texte habe ich auf meiner Facebook Seite veröffentlicht und möchte somit eine kleine Sammlung anlegen.

Joey Goebel - Vincent 

Ich lege das Buch weg, schalte den Fernseher an und zappe mich ein bisschen durch das Programm. 
Eine von Kopf bis Fuß operierte Frau, die sich schöner machen wollte, schmettert verzehrte Töne einen in die Jahre gekommenen, sonnenbankgebräunten älteren Mann entgegen, der sich "Pop-Titan" nennt und damit brüstet alles in Gold zu verwandeln, was er anfasst, obwohl man eigentlich genau weiß, dass er schon lange nichts mehr berührt hat, was sich daraufhin in Gold verwandelt hat, außer seiner eigenen Haut. 
Auf einem anderen Sender tauschen Mütter Wohnorte, während woanders Sitcoms in Endlosschleife wiederholt werden und man sich fragt, ob die eigenen Darsteller sich selbst noch reden hören können.
Also schnell den Fernseher aus, das Radio angemacht, wo dann doch wieder Sender ihre Playlisten spielen, die bloß aus fünf Songs zu bestehen scheinen, die sich auch noch untereinander so ähnlich sind, dass man schwer unterscheiden kann, wo der eine Song aufhört und der andere anfängt, wenn man nicht schon vorher entnervt aufgegeben und das Radio ausgestellt hat.

Stille.
Keine neue Ideen.
Alles voller Wiederholungen.
Nur noch Remakes im Kino.
Und im Fernsehen werden Menschen bloß gestellt, weil diese sogar ihre Seele verkaufen würden, um nur einen Moment sich im Ruhm zu sonnen. Zu welchem Preis auch immer.
Es ist schon erschreckend, wie sehr man unsere momentane medientechnische Welt in Joey Goebel's "Vincent" wiederfindet. Eine Geschichte, die erzählt, wie ein begnadeter und unglaublich talentierter Künstler unsere Kultur retten soll, und dabei selbst bis zum Äußersten ausgemerzt wird. 
Ein großartiges Buch, in dem Rollen vertauscht werden, in dem auch das Thema 'Skrupel' einen bedeutenden Stellenwert bekommt. 
"Vincent" ist wichtig. Gerade in unserer heutigen Zeit. 

Ich nehme das Buch wieder in die Hand. Lächle, weil neben dem tieftraurigen Daseinsaspekt, den diese Geschichte inne hat, doch noch Hoffnung herumliegt.
Die Hoffnung und sogar die Gewissheit bald wieder hier zu sitzen, um ein gutes Buch zu lesen.


John Irving - Das Hotel New Hampshire

John Irving hat mir in den letzten Wochen etwas Wichtiges beigebracht. Dass man manchmal einfach dran bleiben muss, auch wenn man keine Motivation findet weiter zu machen. Dass man vielleicht etwas verliert, wenn man zu früh aufgibt. Und er hat so Recht, denn ich hätte eine einzigartige und bezaubernde Geschichte verloren.
Als ich "Das Hotel New Hampshire" aufgeschlagen habe, und die ersten Seiten anfing zu lesen, hat mich Irvings Schreibstil komplett überfordert. Ich kam einfach nicht zu dem Punkt, in dem ich mich in die Geschichte fallen lassen konnte und mehr als einmal habe ich überlegt das Buch beiseite zu legen und es möglicherweise ein anderes Mal weiter zu lesen  (Was man ja meistens sowieso nicht macht!)
Aber irgendetwas hielt mich zurück und ich las weiter. Es ist ein unglaublich eigentümlicher Zauber, der diesem Buch inne wohnt und der mich zwar ganz langsam aber doch stetig gefangen nahm und plötzlich habe ich eingecheckt im Hotel New Hampshire. 
Gott, was hat Irving für ein Talent seinen durchweg schrägen aber unglaublich originellen und besonderen Charakteren Leben einzuhauchen. Das ist ja so intensiv, dass es schon fast beängstigend ist. 
Ich habe selten etwas so Tragisches, Liebevolles, Bezauberndes, Trauriges, Melancholisches und absolut Besonderes gelesen. 
Und es war mein erster Irving, was hab ich da noch alles nachzuholen? 
Es gab Anlaufschwierigkeiten, doch dann war es Liebe auf den zweiten Blick.

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