Dienstag, 8. August 2017

Kanae Minato - Geständnisse



Verlag: C.Bertelsmann
Seiten: 270
Erschienen: 27. März 2017
Preis: 16.99 Euro (Ebook: 13.99 Euro)









Die kleine Tochter der Lehrerin Yuko Moriguchi ertrinkt im Schwimmbad der Schule, während ihre Mutter arbeitet. Zunächst sieht es so aus, als wäre die ganze Sache ein tragischer Unfall, doch am letzten Tag vor den Ferien tritt Moriguchi vor ihre Klasse und verkündet, dass sie die Schule und somit auch ihre Schüler verlassen wird und verkündet zudem ein erschütterndes Geständnis, das ihre nun ehemaligen Schülern mit in die Ferien nehmen. Schon bald, nachdem der Schulbetrieb wieder aufgenommen wurde, wird deutlich, dass Moriguchi mit ihren Worten den Anfang für ein verstörendes und tödliches Drama gemacht hat, das sich in ihrer ehemaligen Klasse abspielt. Ein Drama, dass das Leben aller Akteure für immer verändern wird. 

In dem Moment, in dem man die letzte Seite von Kanae Minatos Thriller "Geständnisse" liest, und das Buch schließt, öffnet man es sogleich wieder, um sicher zu gehen, dass man das gerade auch wirklich in der Art und Weise gelesen hat. 
"Geständnisse" ist ein Buch wie ein pechschwarzer und verstörender Sog, der den Leser immer weiter in die Geschichte hineinzieht. Die Handlung ist gleichsam grausam, spannend und endlos traurig. Und doch bin ich der festen Überzeugung, dass genau diese Handlung mich nicht in dem intensive Maße umgehauen hätte, wenn die Autorin ihren Thriller nicht auf eine ganz bestimmte Weise erzählt hätte. Denn in "Geständnisse" kommen gleich mehrere Wahnsinnige in verschiedenen Monologen zu Wort, die ihren Wahnsinn aber zunächst in einem schweren, schwarzen Koffer verbergen, um ihn dann ganz langsam und Stück für Stück auszupacken, um den Leser in das Grauen zu treiben. Doch das wirkliche und all umfassende Grauen zeigt sich vor allem in der intensiven Neutralität, in der "Geständnisse" erzählt wird. Kann Neutralität intensiv sein? Sie kann es. "Geständnisse" beweist das. Fast schon beiläufig berichten einige Protagonisten von ihren schrecklichen Taten und geben so fadenscheinige Gründe dafür an, dass man zwischendurch nur noch den Kopf schütteln konnte. Man weiß nicht, was man fühlen soll. Ekel? Abscheu? Vielleicht sogar auf eine verrückte Art und Weise: Mitleid? All diese Emotionen scheinen sich im Sekundentakt abzuwechseln. Bei ihrer besonderen Art zu erzählen, hat die Autorin zudem darauf geachtet, den Titel ihres Thrillers zum Programm zu machen. Die Monologe der einzelnen Figuren beschönigen nichts, sie schmücken nicht aus, sie versuchen nicht um Sachen herumzureden. Viel mehr wird in "Geständnisse" alles knallhart auf den Tisch gelegt, so dass es den Leser mehr als einmal den Atem raubt und damit Wendungen provoziert, die fassungslos zurücklassen. 
Auch die Themen, die in Kanae Minatos Geschichte behandelt werden sind unglaublich interessant und hervorragend in Szene gesetzt worden. Die Autorin beschäftigt sich mit der Gesellschaft ihres eigenen Landes, die ihre Kinder ausschließlich auf Erfolg und Leistung ausrichtet und nicht merkt, wie einige Kinder daran zugrunde gehen. Zudem ist "Geständnisse" eine Geschichte über verblendete Liebe und übertriebener Fürsorge. Gleichzeitig findet man Misshandlung, Vernachlässigung und junge Menschen, die nicht mehr unterscheiden können, was richtig und was falsch ist und Linien überschreiten, die man sich nicht vorstellen kann. 
Es ist fast unmöglich "Geständnisse" beiseite zu legen. In den wenigen Momenten, in denen man dieses Buch nicht liest, formen sich Bilder im Kopf, die beschreiben, wie es weiter gehen könnte. Bilder, die irgendwann so verstörend werden, dass man unbedingt wissen muss, wie es weiter geht, um dann herauszufinden, dass die fiktionale Realität noch viel beängstigender ist, als man es sich ausmalen konnte. 

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