Montag, 11. Januar 2021

John Boyne - Die Geschichte eines Lügners

 



Verlag: Piper
Seiten: 432
Erschienen: 11. Januar 2021
Preis: 24 Euro (Ebook: 19.99 Euro)



Maurice Swift hat alles, was man für eine erfolgreiche Karriere benötigt. Er sieht gut aus, ist charmant und kann hervorragend mit Menschen umgehen. Allerdings wird derjenige fündig, der den Haken sucht, denn Swifts größter Traum ist eine Karriere als Schriftsteller, und zu dieser fehlt ihm ein entscheidendes Detail: Talent. Wer glaubt, dass Maurice Swift deswegen aufgibt und seinen Traum begräbt, irrt. Stattdessen nutzt er seine anderen höchst menschlichen Charaktereigenschaften, um seine Autorenkarriere voranzutreiben - und das um jeden Preis.

Und dann ist da eine Geschichte, die man zur Hand nimmt und vor der ersten Seite keine Ahnung hat, was einen erwartet und dann beginnt man zu lesen und weiß bereits nach wenigen Seiten, dass man hier nicht nur etwas Besonderes in den Händen hält, sondern ein absolutes Highlight.
Wie meisterhaft unterhaltsam es John Boyne hier schafft zu erzählen und eine Figur entstehen zu lassen, der man zunächst neugierig gegenüber steht, dann immer misstrauischer wird, eine gewisse Abneigung gegen sie entwickelt, diese Abneigung sich schnell in Abscheu steigert und dann am Ende der Geschichte nur noch hofft, dass er gestoppt wird. Maurice Swift gehört demnach zu den Figuren, denen man sich nicht wirklich freundlich gesinnt ist, doch der Geschichte um ihn herum tut diese Antipathie überhaupt keinen Abbruch, auch dann nicht als Swifts narzisstische Persönlichkeitsstörung radikal zum Ausbruch gebracht wird. Das liegt vor allem an der großartigen Art und Weise, wie "Die Geschichte eines Lügners" erzählt wird. John Boyne lässt nämlich in großen Teilen die Opfer seiner Hauptfigur berichten, nur zum Ende seines Romans erzählt er aus Swifts Perspektive - und lässt ihn ganz zum Schluss als Ich-Erzähler auftreten. Aber gerade bei den Berichten der Opfer beweisen diese, dass sie genau das sind, wonach Maurice Swift auf fanatische Weise - und erfolglos - strebt: talentierte und gute Erzähler*innen, die es verstehen ihre Leser*innen zu fesseln und atemlos zurückzulassen. Und so verlieren genau diese Charaktere ihre angeblichen Nebenfigurenrollen und machen "Die Geschichte eines Lügners" zu diesem besonderen und großartigen Buch, das es schlussendlich geworden ist. Trotzdem bleibt 'Maurice Swift' ein Protagonist, den ich so schnell nicht mehr vergessen werde. Vor allem, weil dieses unsympathische Gefühl, das man ihm gegenüber hegt und das sich sogar in Abscheu steigert, am Anfang der Geschichte als zwiespältig empfindet und man bei der Geschichte seines ersten Opfers sich fragt, was man an seiner Stelle getan hätte. Im weiteren Verlauf des Romans schimmert dann allerdings Swifts Persönlichkeitsstörung immer weiter durch und man wünscht sich fast schon verzweifelt, dass ihm endlich das Handwerk gelegt wird. 
Das Ende des Buches zeigt noch einmal, wie brillant John Boyne die einzelnen Erzählstränge miteinander verwebt, so dass das Ende einen mehr als perfekten Abschluss für eine hervorragende Geschichte darstellt. 
"Die Geschichte eines Lügners" ist ein unglaublich unterhaltsamer und brillant erzählter Roman geworden. Der thematische Hauptgegenstand des Buches mag ein altbekannter sein, doch wie John Boyne, der in den Danksagungen erwähnt, dass ihm ein nicht fiktiver Umstand auf die Idee zu dem Roman gebracht hat, diesen aufarbeitet, ist einfach nur grandios. Die Geschichte unterhält nicht nur, sie wühlt auf, sie macht fassungslos, sehr oft wütend und bietet insgesamt ein unglaubliches Spektrum an Gefühlen und Emotionen, das sie bei ihren Leser*innen auslösen wird. Unbedingt lesen! 

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