Mittwoch, 29. November 2017
Marie Graßhoff - Die Schöpfer der Wolken
Verlag: Drachenmond
Seiten: 525
Erschienen: 12. Oktober 2017
Preis: 16.90 Euro (Ebook: 4.99 Euro)
Nach dem überraschenden Tod ihres Bruders Koba, ist Ciara am Boden zerstört. In letzter Zeit nahm der Kontakt zwar immer mehr ab, trotzdem pflegten die beiden Geschwister immer ein besonderes Verhältnis zueinander.
Doch als Kobas Erbe offen gelegt wird, erlebt Ciara eine Überraschung. Sie erhält einen besonderen Auftrag von ihrem verstorbenen Bruder, der darin besteht sein letztes Manuskript nah Shanghai zu bringen, um es dort einen Verleger zu übergeben.
Als Ciara in Shanghai eintrifft, erkennt sie allerdings schnell, dass hinter dem letzten Willen ihres Bruders ein viel größerer Plan steckt. Ein Plan, der mit Ciaras besonderer Fähigkeit zu tun hat, von der nur Koba wusste. Sie kann in die Träume anderer Menschen sehen. In Shanghai entdeckt Ciara, dass sie nicht die Einzige mit einer besonderen Fähigkeit ist und begegnet Menschen, die so sind, wie sie.
Als der gesamte Planet dann plötzlich von heftigen und mysteriösen Erdbeben erschüttert wird und die Uhren verrückt spielen, wird Ciara klar, dass sich in dieser Stadt nicht nur ihr Schicksal, sondern das der ganzen Welt entscheiden wird...
Als ich vor knapp einem Jahr "Kernstaub" von Marie Graßhoff gelesen habe, war ich erstaunt darüber, wie so eine gewaltige und komplexe Welt einfach so aus der Feder einer Autorin fließen kann. Dementsprechend neugierig war ich dann, was mich in ihrem neuen Buch "Die Schöpfer der Wolken" erwarten würde.
Die Geschichte spielt im Shanghai einer unmittelbaren Zukunft und wieder war ich beeindruckt mit was für einer Präzision und Detailliertheit die Autorin das Bild von dieser gewaltigen Stadt für ihre Leser heraufbeschworen konnte. Obwohl wir in der Geschichte mehr als einmal purer Science-Fiction begegnen, hatte ich einzelne Situationen immer so deutlich vor dem inneren Auge, als würde ich beim Geschehen direkt daneben stehen.
Das ist auch wichtig, denn, ähnlich wie bei "Kernstaub", muss man auch bei diesem Buch unbedingt aufmerksam den Handlungsstrang verfolgen, um diesen in seiner vollen Tragweite überhaupt erfassen zu können. "Die Schöpfer der Wolken" ist gewiss keine Geschichte, die zum lockeren Lesestoff für zwischendurch gehört.
In verschiedenen Perspektivwinkeln und Erzählerrollen wird hier ein komplexes aber unglaublich spannendes Handlungsgerüst aufgebaut, in dem auch der ein oder andere Zeit- oder sogar Weltenwechsel statt finden kann. Nach und nach fließen die einzelnen Erzählstränge ineinander, so dass sich schließlich ein stimmiges Gesamtbild ergibt. Eine Lektüre für nebenher ist "Die Schöpfer der Wolken" nicht, trotzdem wird sich das aufmerksame Lesen in jeder Hinsicht auszahlen, da Marie Graßhoffs neues Werk eine unglaublich spannende, fantastische und actionreiche Geschichte geworden ist.
Auch die Charaktere tragen einiges zum gelungenen Lesevergnügen bei. Sie sind unglaublich vielschichtig, obwohl sie sich immer ein Stück Geheimnisvolles bewahren. Das führte dazu, dass ich nie genau wusste, wie die nächsten Handlungen der Figuren aussehen, wer die Wahrheit sagt und wer möglicherweise sogar ein falsches Spiel spielt. Das brachte dann noch einmal zusätzliche Spannung in die Handlung.
"Die Schöpfer der Wolken" ist eine sehr gelungene Mischung aus Science-Fiction, Fantasyelementen und Dystopie geworden. Den einzigen Kritikpunkt, den ich anbringen würde, betrifft das Ende der Geschichte, das für mich zu plötzlich kam und gerne noch detaillierter hätte erzählt werden können. Möglicherweise lag es aber auch einfach daran, dass ich noch nicht Abschied nehmen wollte von diesem Shanghai, das gleichzeitig so faszinierend und furchterregend gewirkt hat.
Ich muss zudem anmerken, dass ich die Figur des Koba gerne näher kennen gelernt hätte, weil es scheint, als wäre er ein unheimlich interessanter Mensch gewesen. Aber vielleicht ist seine Geschichte noch nicht erzählt worden, in einer Kurzgeschichte oder neuem Teil des "Die Schöpfer der Wolken" Universums?
Nur ein Vorschlag...
Donnerstag, 23. November 2017
Krystal Sutherland - Unsere verlorenen Herzen
Verlag: cbt
Seiten: 384
Erschienen: 25. September 2017
Preis: 14.99 Euro (Ebook: 9.99 Euro)
Henry war noch nie richtig verliebt.
Während seine gleichaltrigen Schulkameraden sich von einem ins nächste Liebesdrama stürzen, hatte er dieses allumfassende und verschlingende Gefühl der großen Liebe noch nie verspürt, bis zu dem Tag, an dem Grace in sein Leben stolperte. Von nun an ist nichts mehr so, wie es einmal war, obwohl man Grace nicht wirklich ansieht, dass sie Teil eine der größten Liebesgeschichten überhaupt geworden ist. Mit ihren viel zu großen Klamotten sieht sie die meiste Zeit aus wie ein Junge. Zudem scheint Grace ein dunkles Geheimnis mit sich zu tragen, das so schwer auf ihr lastet, dass sie scheinbar permanent von einer traurigen Wolke umgeben zu sein scheint.
Doch Henry lässt sich davon nicht beirren und setzt alles daran hinter Grace' mühsam aufgebauten Fassaden zu blicken, denn die große Liebe ist das doch wert, oder?
Als ich die letzten Zeilen von "Unsere verlorenen Herzen" von Krystal Sutherland gelesen habe, war ich zugegebenermaßen sehr überrascht. Durch das Cover und auch durch die Beschreibung des Inhalts der Geschichte, entsteht zunächst der Eindruck es mit einer typisch klischeehaften Liebesgeschichte zu tun zu haben, bei der man wahrscheinlich mehr als einmal die Augen verdreht, weil der Kitsch überhand nimmt. Am Ende quittiert man das Ganze dann mit einem nachsichtigen Lächeln und ordnet das Buch bei "Leichtes für zwischendurch" ein. Tatsächlich aber ist der Debütroman von Sutherland etwas ganz anderes geworden. Etwas, dass das Herz schwer macht, es vor Freude hüpfen lässt und etwas, dass noch ziemlich lange nachklingt.
Die Autorin schafft es mit einer treffischeren und fast schon liebevollen Präzision sich in ein jugendliches Herz zu denken und dabei auch die verschiedenen Typen von Teenagern herauszustellen. Da ist einmal der gutmütige und fast schon liebeskranke beste Freund von Henry, Murray, der ,sein Herz einmal verschenkt, alles daran setzt seine Angebetete für sich zu gewinnen, ob sie nun will oder nicht. Dann gibt es noch die clevere Lola, Henrys beste Freundin, die zu allem einen guten Rat weiß und alles dafür tut, ihre Freunde zu beschützen und natürlich Henry, der etwas schüchterne aber durchaus witzige normale Typ, der plötzlich das einzigartige und unverwechselbare Gefühl der Verliebtheit verspürt, dabei aber auch lernt, dass dieses Gefühl nicht nur Schmetterlinge im Bauch erzeugt, sondern auch verdammt weh tun kann. Die Figur der Grace war dann noch einmal etwas ganz anderes, da ihr dunkles Geheimnis ihr alle Möglichkeiten genommen hat wie ein normaler Teenager zu leben. Trotzdem gelingt es Sutherland auch hier Grace zerbrochene innere Gefühlswelt perfekt einzufangen und rüber zu bringen.
Und das alles schafft die Autorin ohne auch nur an einer Stelle klischeehaft oder kitschig zu werden. Nichts an "Unsere verlorenen Herzen" wirkt überladen oder krampfhaft konstruiert. Es ist eine zarte und fast schon zerbrechliche Geschichte über das Erwachsenwerden geworden, der es weder an ernsthafte Themen, wie Trauer und Verlust, als auch an der genau richtigen Prise Humor fehlt. Es ist fast schon unmöglich die Figuren nicht sofort ins Herz zu schließen, weil sie unglaublich sympathisch sind und einfach richtig in der Geschichte wirken. Besonders Henry hat es mir angetan, weil ich die Tatsache eine jugendliche Liebesgeschichte aus der Sicht eines männlichen Protagonisten erzählt zu bekommen als angenehm und auch noch nicht sooft dagewesen empfunden habe. Henry macht es dem Leser ziemlich leicht ihn zu mögen und das nicht nur, weil er großer Harry Potter Fan ist.
Am Ende von "Unsere verlorenen Herzen" wird deutlich, dass die Autorin mit ihrer Geschichte wirklich alles richtig gemacht hat, denn kein Ende hätte besser zu diesem Buch gepasst als das, das hier erzählt wurde.
"Unsere verlorenen Herzen" ist ein Roman, den man nicht so schnell vergisst. Er verkleidet sich als typische Teenager Romanze und überrascht dann mit einer unglaublich Intensität und Tiefgründigkeit.
Freitag, 17. November 2017
Klaus Cäsar Zehrer - Das Genie
Verlag: Diogenes
Seiten: 658
Erschienen: 23. August 2017
Preis: 25 Euro
(Ebook: 21.99 Euro)
William James Sidis ist mit seinen elf Jahren ein absolutes Wunderkind.
Als einer der jüngster Harvard Student aller Zeiten, steht er permanent in der Öffentlichkeit und wird von der Presse als Genie gefeiert.
Sein Vater, Boris Sidis, ein bekannter Psychologe, vom brennenden Ehrgeiz angetrieben, steht mit dem Wunderkind-Status seines Sohnes ebenfalls im Rampenlicht. Boris' einziges Ziel war es immer die Welt mit Bildung zu verbessern und in William sieht er seinen absoluten Erfolg verkörpert, da er ihn von Geburt an mit einer speziellen Erziehungsmethode trainiert hat, wodurch, nach Boris' Ansicht, jedes Kind zum Genie werden kann.
Doch als William älter wird, wird schnell deutlich, dass er etwas ganz anderes mit seinem Leben geplant hat, als sich seine Eltern für ihn ausgedacht haben. Und, dass er sein Leben genauso leben will, wie er es möchte, egal, was es kostet.
Ich habe jede einzelne Seite von "Das Genie" von Klaus Cäsar Zehrer geliebt. Obwohl das Buch mit seinen knapp siebenhundert Seiten schon recht üppig geraten ist, hätte ich noch tausend weitere Seiten vom unfassbar faszinierenden 'Harvard-Wunderkind' lesen können.
Ich habe selten etwas vergleichbares Fesselndes gelesen wie die Lebensgeschichte von William James Sidis. Obwohl man korrekterweise anmerken muss, dass die Geschichte von "Das Genie" mit Williams Eltern, Boris und Sarah, begann, was wohl auch eine Art Zeichen für den Rest der Geschichte setzen sollte. Sein gesamtes Leben kämpfte William gegen seine Eltern.
Sein Vater, von Ehrgeiz zerfressen, will alles daran setzen die Welt durch Bildung zu verbessern. Mit seiner sogenannten 'Sidis-Methode' startete er bei seinem ersten Kind den Versuch einen perfekten Menschen zu erschaffen. Und damit beginnt auch das sehr lange anhaltende ambivalente Verhältnis des Lesers gegenüber dieser Vaterfigur.
Zunächst stimmt man Boris' Prinzipien zu, dass Kinder bei frühst möglicher Förderung alles an Potenzial ausschöpfen können, was das Gehirn ihnen bietet. Als Leser ist man beeindruckt, dass man an William beobachten konnte, zu wie viel Leistung der menschliche Geist in der Lage ist. Auf der anderen Seite allerdings fehlt der Figur des Boris jegliches Empathie Gefühl. Boris ist nicht in der Lage zu sehen, wie das Experiment mit seinem Sohn langsam aber sicher scheiterte. Und genau das ist der Punkt, warum man fast atemlos durch die Seiten von "Das Genie" fliegt. Alle drei tragenden Figuren in Zehrers Geschichte,Boris, Sarah und William, begannen als Charaktere, die zweifellos besondere Fähigkeiten hatten, auf ihre Arten und Weisen mochten sie etwas in der Welt bewirken und strebten nach Höherem. Während die Handlung ihren Lauf nimmt, ist der Leser plötzlich Zeuge jeder einzelnen exzentrischen Verwandlung der Figuren, die diese an verschiedenen Zeitpunkten der Geschichte durchlaufen. Die Eigenarten nehmen immer mehr zu und man beginnt auch zu den beiden restlichen Charakteren ein ambivalentes Verhältnis aufzubauen.
Am tragischsten agiert dabei die Figur des William, der auf der ständigen Suche nach seinem Platz im Leben immer in Sackgassen zu enden scheint, aufgrund seiner Genialität und seiner absoluten Unfähigkeit im sozialen Interagieren. Auch wenn Williams Exzentrik am deutlichsten in diesem Roman dargestellt wurde, konnte ich nichts anderes für ihn empfinden außer Sympathie und Mitleid.
Klaus Cäsar Zehrer hat mit "Das Genie" einen unglaublich großartigen Roman geschrieben. "Das Genie" handelt vom tragischen Scheitern eines bis hierhin mir völlig unbekannten real existierenden Menschen, den ich unglaublich bewundert habe. Trotzdem haftet Zehrers genial konstruierten Roman mit einer Mischung aus Fiktion und Realität, auch ein unbehagliches Gefühl an, mit dem Gedanken, was Sidis alles hätte bewirken können, wenn er sein volles Potenzial ausgeschöpft hätte.
"Das Genie" gehört zweifellos zu den Geschichten, von denen man möglichst vielen Leuten erzählen will, von diesem unglaublich besonderen Menschen, der die Tragik seines Lebens noch nicht einmal erkennen konnte. Zehrers Werk ist zudem ein prägnantes Beispiel, warum ich dem geschriebenen Wort auf so intensive Art und Weise verfallen bin:
Bücher erzählen dir Geschichten von Menschen, die du ansonsten niemals kennen gelernt hättest. Und das wäre bei William ein sehr großer Verlust.
Mittwoch, 8. November 2017
Armand Baltazar - Timeless - Retter der verlorenen Zeit
Verlag: cbj
Seiten: 624
Erschienen: 23. Oktober 2017
Preis: 19.99 Euro (Ebook: 15.99 Euro)
Jahrzehntelang hatten die Menschen Angst vor dem Weltuntergang.
In unzähligen Büchern und Filmen wurde dieser in allen möglichen Arten thematisiert. Was dann aber schlussendlich zum Untergang der alten Welt geführt hat, damit hätte keiner rechnen können.
Man nannte es 'Zeitkollision'.
Plötzlich lebten Menschen ganz unterschiedlicher Zeiten in einer Welt. Alle brachten etwas aus ihrer alten Welt mit in die neue und so lebt nun die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander. Dass das nicht ohne Probleme abläuft, wird schnell deutlich.
Als der berühmte Vater des dreizehnjährigen Diego entführt wird, setzt der Junge alles daran ihn zu befreien. Mit seinen Freunden Lucy, Petey und Paige macht er sich zu einer Rettungsmission auf.
Nichts ahnend, dass ihm das größte Abenteuer seines Lebens bevorsteht und dass er Dinge erfahren wird, die er niemals für möglich gehalten hat...
Als ich "Timeless - Retter der verlorenen Zeit" von Armand Baltazar auf der diesjährigen Buchmesse in Frankfurt entdeckt habe, wusste ich, dass ich das Buch unbedingt haben musste.
Schon allein durch die ungewöhnliche Aufmachung der Geschichte ist dieses Schmuckstück ein absoluter Blickfang. Normalerweise beginne ich nicht mit der äußerlichen Gestaltung eines Buches, aber hierbei haben wir es mit einem Sonderfall zu tun. "Timeless" ist eine Mischung aus Graphic-Novel und Abenteuergeschichte. In über hundert aufwendigen und liebevollen Illustrationen unterstützt der Autor selbst seinen Handlungsstrang und nicht nur an den Bildern erkennt man mit was für einer Sorgfalt hier gearbeitet wurde.
"Timeless" ist handlungstechnisch endlich einmal etwas absolut Neues. Die Idee mit der Zeitkollision trägt die gesamte Geschichte. Dazu hat Armand Baltazar die Handlung an sich so spannend und actiongeladen gestaltet, dass der Leser fast nicht mehr zum Luft holen kommt.
Ich würde mich nicht als typische Graphic-Novel Leserin bezeichnen, doch trotzdem war ich beeindruckt, inwieweit die Illustrationen das Gelesene unterstützt haben. Es war nicht so, dass die Bilder die eigene Vorstellungskraft gehemmt haben. Sie haben es viel mehr geschafft diese sogar noch zu intensivieren, so dass der Leser fast das Gefühl hat selbst bei diesem einzigartigen Abenteuer dabei sein zu dürfen. Mit Baltazars Illustrationen wirkt die Welt nach der Zeitkollision noch ein bisschen greifbarer.
"Timeless" erschafft eine Welt, die so besonders und speziell ist, dass man sie am liebsten bis in den letzten Winkel erkunden möchte. Ein Buch reicht für diese Expedition ganz gewiss nicht aus und glücklicherweise ist "Retter der verlorenen Zeit" auch erst der Auftakt einer Reihe, die uns gewiss noch eine Menge Freude bereiten wird.
"Timeless" ist Abenteuer-, Fantasy- und Science-Fiction Geschichte in einem. Aber vor allem ist es eine Geschichte über Freundschaft und Zusammenhalt. Selbst, wenn alles zusammenzubrechen droht, wenn du gute Freunde an deiner Seite hast, kannst du jedes Abenteuer bestehen, egal wie groß es ist.
Unbedingt lesen!
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