Montag, 11. Mai 2020

Lesemonat April

Herzlich Willkommen zu meinem Lesemonat April. Im vergangenen Monat war ich natürlich wieder eine fleißige Leserin und habe insgesamt acht Bücher gelesen mit 5171 Seiten. Und damit wird der April schon einmal vorsorglich der Monat der dicken Bücher genannt. Dann kann es auch schon los gehen.

Begonnen hatte der Lesemonat April mit Leigh Bardugo's neustem Streich "Das neunte Haus", der Auftakt einer neuen Reihe, die sich zumindest im Voreindruck vom Inhalt her etwas unterscheidet von dem Genre, in dem die Autorin normalerweise zu Hause ist. Obwohl auch das neuste Werk wieder einmal mit Protagonisten mit düsterer Vergangenheit aufwarten kann, spielt "Das neunte Haus" dieses Mal an einem realen Ort, in diesem Fall der Yale Universität, in der mysteriöse Studentenverbindungen ihre Machenschaften treiben und in der die Hauptfigur Alex Stern einen Mord aufklären muss. Und überhaupt wirkt die ganze Geschichte viel mehr verrückt in unsere Realität, als man es noch von Bardugos andere Geschichten kennt. Natürlich weist auch "Das neunte Haus" jede Menge fantastische und paranormale Einflüsse auf, aber genau dieses Verrücken in unsere Realität hat mir unheimlich gut an der Geschichte gefallen. Auch die Komplexität in der Handlung hat mich sehr gefesselt, so dass "Das neunte Haus" ein unglaublich vielschichtiger und interessanter Auftakt war. Ich freue mich schon sehr auf die Fortsetzung.

Weiter ging es im April mit einer Geschichte, auf die ich schon sehr gespannt war. "The Grace Year (Ihr Widerstand ist die Liebe)" von Kim Liggett habe ich durch Zufall auf Instagram entdeckt, der Inhalt versprach ein ähnliches Szenario wie bei "Die Tribute von Panem" mit einer Prise "Der Report der Magd". Und genau das war es schlussendlich auch, hauptsächlich eine Mischung aus beiden Geschichten, die zwischendurch ein paar durchgeknallte Momente hatte und aus deren Ende ich nicht ganz schlau geworden bin. Trotzdem war es interessant zu lesen, auch wenn ich mir zusammenfassend sehr viel mehr Originalität gewünscht hätte, denn schlussendlich war es eben bloß nur eine Mischung aus Panem und "Der Report der Magd". 

Das nächste Buch im Lesemonat war die Fortsetzung einer Reihe, die ich eigentlich nicht weiter lesen wollte. "Die Verschwundenen vom Mondscheinpalast" von Christelle Dabos ist der zweite Teil der 'Die Spigelreisende' Serie, dessen erster Teil ich zwar interessant fand, der mich aber nicht wirklich überzeugen konnte. Doch als sich die Stimmen immer mehr vervielfachten, dass die Fortsetzung sehr viel besser sein soll, ließ ich mich überreden der Fantasy-Reihe noch eine zweite Chance zu geben, und die hat sich mehr als gelohnt. Die Grundidee hinter der Spiegelreisenden Serie hat mich von Anfang an fasziniert auch die Heldin war mir sofort sympathisch, doch nachdem all das im ersten Teil noch ziemlich undurchsichtig und distanziert gewirkt hat, habe ich in "Die Verschwundenen vom Mondscheinpalast" sofort zur Handlung und zu den Figuren eine Beziehung aufbauen können, auch die Handlung wirkte viel zielstrebiger und so wurde die Geschichte plötzlich total spannend und auch die Welt, in der sie spielte immer faszinierender. Jetzt bin ich natürlich sehr gespannt, wie es in der Spiegelreisenden Welt weiter geht. Band drei liegt schon bereit.

Weiter ging es im April mit "Das Buch der vergessenen Artisten" von Vera Buck. Die Geschichte um den Schausteller Mathis Bohnsack wird in zwei Zeitebenen erzählt, eine spielt Anfang der 1900er Jahre und beschreibt, wie Mathis zur Schaustellerei gekommen ist, die zweite siedelt sich um den Beginn des zweiten Weltkrieges an, als Mathis, mittlerweile in Berlin angekommen und mit Partnerin, Mitglied einer Schaustellergruppe wird, die immer mehr von der Verfolgung der Nazis bedroht wird und in der Mathis beschließt das Leben und die Geschichten der einzelnen Schausteller in einem Buch festzuhalten, damit diese nicht vergessen werden. Obwohl ich für die Lektüre des Buches vergleichsweise ziemlich lange gebraucht habe, fand ich die Geschichte in den größten Teilen sehr interessant, auch wenn sie trotzdem einige Längen besaß. Auch die Tatsache, dass sehr viele historisch wichtige Persönlichkeiten in Vera Bucks Geschichte mal freiwillig und mal unfreiwillig Gastauftritte hatten, hat mir sehr gut gefallen und so wurde "Das Buch der vergessenen Artisten" zu einer Geschichte, die ich in guter Erinnerung behalten werde. 

Der Lesemonat ging weiter und hatte schließlich auch einen Roman von John Irving im Gepäck. Schon als ich die ersten Zeilen von "Owen Meany" las, wusste ich, dass John Irving mich wieder einmal hatte. Kann man denn noch großartiger erzählen als dieser wundervolle Mann? Gibt es denn noch herrlichere und schrägere und nicht mehr zu vergessende Figuren als die, die John Irving erschafft? Ich glaube nicht. "Owen Meany" ist bereits vor sehr vielen Jahren zur Papier gebracht worden und doch hat sie nichts von ihrem Zauber verloren. Auch wenn ich mich ein paarmal über den doch sehr religiösen Einfluss in Irvings Geschichte gewundert habe, hat mich dieser doch überhaupt nicht gestört. Denn eigentlich war er überhaupt nicht fehl am Platz, wenn man überlegt, was für eine Figur Owen Meany war. Ich habe das Buch vom ersten bis zum letzten Wort genossen und ich kann es jetzt schon nicht mehr erwarten mir weitere Romane von John Irving vorzunehmen. Denn bisher waren es nur drei und das sind auf jeden Fall zu wenige. 

Das nächste Buch aus dem Lesemonat April kommt von Angie Kim. Der Ausflug nach "Miracle Creek" war eine Mischung aus Gesellschafts-, Einwanderer-, Justiz- und Kriminalroman und wie immer bei wilden Genrewechsel fand ich die Lektüre sehr interessant. Ausgangsszenario, eine verheerende Explosion in einer sogenannten Druckluftkammer, in der Patienten eine Sauerstofftherapie erhalten können, in der sie reinen Sauerstoff einatmen. Die Explosion, bei der mehrere Menschen starben und die zunächst als tragisches Unglück deklariert, am Ende zu einem spektakulären Mordprozess wird, in dem auf der Anklagebank eine Mutter sitzt, die die Kammer vorsätzlich zur Explosion gebracht haben soll, um ihren autistischen Sohn, der sich in der Kammer befand, zu töten. Jede Menge Wendungen und Handlungsumwürfe führten dazu, dass man nie so recht wusste, wer jetzt die Wahrheit sagte und wer log. So hat die Autorin alles richtig gemacht und einen mehr als spannendes und interessantes Debüt vorgelegt. 

Weiter ging es mit einem Buch, für das ich knapp ein ganzes Jahr gebraucht habe. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass "Max, Mischa und die Tet-Offensive" von Johan Harstad ein schlechtes Buch ist, im Gegenteil. Erst einmal hat die schiere Länge meiner Lektürezeit wohl auch damit zu tun, dass Harstads Werk stolze knapp 1400 Seiten vorzuweisen hat. Und dann habe ich mich nie gedrängt gefühlt die Geschichte in Windeseile zu lesen, weil ich der Meinung bin, dass manche Bücher Zeit brauchen. Und da der Autor sowieso eine ganze Lebensgeschichte zu erzählen hatte, fand ich es auch nicht tragisch, dass mich sein Buch so lange begleitet hat. Es geht um Max, der mit seiner Familie von Norwegen in die USA einwandert und sich zunächst in der Nähe von New York City niederlässt. Es geht um den Vietnamkrieg oder eher dessen Folgen, die die Figuren ein Leben lang begleiten. Es geht um Max Liebe zu Mischa, die ihn durch Jahrzehnte begleitet. Es geht um Kunst, Theater, einfach um das Leben. Johan Harstad hat mit "Max, Mischa und die Tet-Offensive" ein monumentales Glanzstück geleistet, das mich als Leserin ein wenig wehmütig zurück gelasssen hat, denn wenn eine Geschichte einen so lange begleitet, dann fühlt man am Ende noch ein bisschen mehr als sonst, als hätte man eine Handvoll guter Freunde verloren. 

Und zu guter Letzt reiste ich mit der Autorin Delphine Minoui ins zerstörte Syrien in die Stadt Daraya. In "Die geheime Bibliothek von Daraya" erzählt uns Minoui wie eine Handvoll junger Männer die unendliche Kraft des Lesens entdeckt. Alles beginnt damit, dass sie anfangen aus zerstörten Häusern Bücher zu retten. Und als diese immer mehr wurden, entschlossen die jungen Männer sich die Bibliothek zu gründen, die ein Zufluchtsort für die Restbevölkerung von Daraya wird, die unerbittlich ihre Stadt verteidigen, während der Präsident von Syrien alles daran setzt diese zu erobern. Mit der ständigen Angst vor herabfallenden Bomben, finden die übrig gebliebenen Einwohner der Stadt im geschriebenen Wort die Kraft und den Trost, den sie brauchten, um durchzuhalten und nicht aufzugeben. "Die geheime Bibliothek von Daraya" macht auf der einen Seite wütend über die Grausamkeit und Sinnlosigkeit des Krieges und dessen Folgen, auf der anderen Seite macht sie aber auch Hoffnung, dass Bücher die Macht haben Unglaubliches zu bewirken und Licht spenden, wenn nur noch Dunkelheit herrscht. 

Und das war er auch schon wieder, mein Lesemonat April. Insgesamt war ich wieder einmal sehr zufrieden und dankbar, um die Bücher, die ich lesen durfte. Und ich freue mich natürlich schon sehr auf den Mai und die Geschichten, die mich dort erwarten. 

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