Dienstag, 27. Februar 2018

Naomi Alderman - Die Gabe




Verlag: Heyne
Seiten: 466
Erschienen: 12. Februar 2018
Preis: 16.99 Euro (Ebook: 13.99 Euro)





Von einem auf den anderen Tag wird die bisherige Weltordnung auf den Kopf gestellt. Am sogenannten "Tag der Mädchen" entdecken junge Frauen in sich die Gabe. Durch ihre Hände können sie Stromstöße abgeben. Zudem sind sie in der Lage diese Fähigkeit auf ältere Frauen zu übertragen. Plötzlich sind die Frauen den Männern überlegen und werden als 'stärkeres Geschlecht' bezeichnet.
Inmitten dieses Umbruchs verfolgen wir den Weg vier völlig verschiedener Menschen und erleben hautnahe, wie es ist, wenn Rollen plötzlich getauscht und bisherige Hierarchien gestürzt werden. 
Doch ist eine von Frauen regierte Welt wirklich eine bessere Welt?

Während des Lesens von "Die Gabe" von Naomi Alderman fragt man sich nicht nur einmal, warum dieser Roman erst jetzt geschrieben wurde. Sicherlich kommt die Geschichte mit der aktuell laufenden 'mee too' Bewegung scheinbar genau zum richtigen Moment, doch wer glaubt, dass die Autorin eine, von Frauen regierte, Welt erschaffen hat, in der nur Frieden herrscht, der täuscht. 
In "Die Gabe" geht es nicht hauptsächlich um die Frage, was passieren würde, wenn Geschlechterrollen plötzlich getauscht werden, auch wenn dieser Punkt natürlich einen wichtigen Stellenwert einnimmt, es geht viel mehr darum, was passiert, wenn Menschen zu viel Macht bekommen und vom vorher gewählten Weg abkommen. 
Trotzdem bleibt die Idee hinter der Geschichte revolutionär. Naomi Alderman kreiert eine Welt, in der sich Männer als Frauen verkleiden, um in der Gesellschaft ernst genommen zu werden. Durch den völligen Umbruch der Geschlechterrollen, versteht sich die Autorin geschickt darin wichtige Eckpfeiler in die Handlung einzubauen, die das Denken verändern werden. 
Wie wäre es beispielsweise, wenn Männer nicht mehr ohne einen weiblichen Vormund vor die Tür gehen dürften? 
Was würde passieren, wenn sie nicht mehr alleine Auto fahren dürften?
Wenn sie sich die Erlaubnis des weiblichen Vormundes einholen müssten, um eine Firma zu gründen oder ein Geschäft zu eröffnen? 
Das klingt alles ziemlich weit hergeholt?
In vielen Ländern sind diese Gesetze für Frauen die Tagesordnung. 
Ein weiterer Pluspunkt für "Die Gabe", neben der außergewöhnlichen Idee und den wichtigen Botschaften hinter der Geschichte, ist die Erzählweise. Erzählt wird größtenteils aus der Sicht vier verschiedener Charaktere, die einen ganz unterschiedlichen Blick auf die Handlung gewähren. Die Senatorin Margot beleuchtet die politische Lage, seit dem Tag der Mädchen. Roxy, Mitglied einer Londoner Verbrecherfamilie, entdeckt als Erste an sich die Gabe und beleuchtet den nicht ganz legalen Aspekt in dieser neuen Welt. Allie repräsentiert in der Geschichte eine durchaus nicht unbekannte Entwicklung, wenn etwas geschieht, was auf Anhieb nicht wissenschaftlich erklärt werden kann: den religiösen Fanatismus. Als 'Mother Eve' verkündet Allie, dass Gott weiblich ist und dass die religiöse Art zu denken sich völlig verändern muss. Mit einer immer stärker wachsenden Anhängerschaft zeigt sich in diesem Erzählstrang ebenfalls, wie leicht sich Menschen bekehren lassen, wenn sie mit etwas nicht Erklärbarem konfrontiert werden. Die letzte Figur bricht dann vollkommen aus der Reihe aus und das macht sie wahrscheinlich so interessant. Tunde ist die einzig männliche Figur und fungiert als Nachrichtenmedium, weil er derjenige ist, der journalistisch immer nahe am Geschehen ist und auch von weiblicher Seite akzeptiert wird, weil es ihm darum geht Geschichten zu erzählen und viele Frauen in "Die Gabe" ihre Geschichte erzählen wollen.
Ob Naomi Aldermans Roman eine Dystopie ist, hängt wohl von der jeweiligen Betrachtungsweise ab. Unbestreitbar ist aber, dass "Die Gabe" eine hochinteressante Geschichte geworden ist, die den Blick auf die Dinge verändern wird. Auf verschiedene Arten und Weisen. 

6 Kommentare:

  1. Hallo Lisa,

    ich freu mich, dass ich jetzt über immer mehr Rezensionen der deutschen Ausgabe von Naomi Aldermanns Buch stolpere.

    Insofern kann ich deinen Punkt "Warum wurde das erst jetzt" geschrieben etwas relativieren, denn Veröffentlichung des englischen Originals war im Oktober 2016. Gut, global gesehen ist das immer noch kurz.

    Du hast die Wirkungen dieses Buch so perfekt zusammengefasst und ich stimme überein, ja, die Frauen im Roman haben ihre Gabe - ihre Power - nicht so eingesetzt, wie man das wohl erhofft hätte.

    Ich hab dich hier verlinkt.

    Liebe Grüße - Daniela

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    1. Hallo Daniela.

      Vielen Dank für deinen Kommentar und fürs Verlinken.
      Ja, Ich wusste tatsächlich, dass es "The Power" schon etwas länger gibt. Trotzdem hätte es man noch früher schreiben können ;)

      Liebe Grüße
      Lisa

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  2. Liebe Lisa,
    mal wieder ein Buch das ich uuunbedingt lesen mag.
    Eigentlich kannste demnächst einfach alle Bücher doppelt kaufen und mir das 2. Exemplar schicken :-D

    Liebe Grüße,
    Nicci

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  3. Das würde ich sofort machen, wenn ich könnte :-D
    Genau so könntest du es aber auch andersrum machen.

    Liebe Grüße!

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    1. Wann schreiben wir Susanne eigentlich, dass sie uns einfach das gesamte neue Diogenes Programm zuschicken kann? :-D

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  4. Oh man Nicci :D

    Das wird ein Marathon Diogenes Leseherbst

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